Der Nobelpreis 2009 geht an einen Pionier der Glasfaseroptik

Thomas Feurer, Institut für Angewandte Physik, 3012 Bern

 

Linsen, Prismen oder Spiegel können Licht umlenken, ansonsten aber propagiert Licht im wesentlichen entlang gerader Linien. Bisweilen jedoch wäre es wünschenswert, wenn man Licht quasi in einem Lichtleiter um Ecken und Hindernisse herumlenken könnte; wenn man Licht in einem Gebäude verteilen oder sogar von einem Ort zum anderen transportieren könnte. Bis dahin war es jedoch ein langer Weg und der begann 1848 an der Universität Genf mit Jean-Daniel Colladon. Dieser nämlich stellte in Experimenten fest, dass Licht, wenn es in einen Wasserstrahl eingespeist wird, in diesem offensichtlich bis zur Wasserlache am Boden geführt wird.

Aus naheliegenden Gründen jedoch ist Wasser ein denkbar ungeeigneter Lichtleiter für lange Distanzen und es wurde schnell klar, dass man mehr Erfolg mit Glas haben würde. Dünne Glasfasern gab es bereits im 18. Jahrhundert, sie waren im Thüringer Wald als Feenhaar bekannt. Solche Glasfasern leiten Licht, sind jedoch aus vielen Gründen ungeeignet; jeder Kratzer, jede Verunreinigung an der Oberfläche führt zu Verlusten usw. Daher sind Glasfasern heute mit einem zweifachen Schichtsystem umgeben. Auf den inneren Kern, in dem das Licht geführt wird, folgt ein Glasmantel und dieser wiederum ist von einer dünnen Polymerschicht umgeben. Während der Kern typischerweise 8 bis 10 μm im Durchmesser misst, wächst der Durchmesser mit Glasmantel auf 125 μm und der inklusive Polymerschicht auf 250 μm an. Totalreflexion an der Grenze zwischen Kern und Mantel führt zur gewünschten Lokalisierung des Lichts im Kern und der Polymermantel sorgt für die mechanische Stabilität der Faser. Bei den besten Glasfasern anfangs der 60er Jahre, also zu der Zeit, als der Laser erfunden wurde, war die Hälfte des eingespeisten Lichtes nach ca. 3 m entweder durch Absorption oder Streuung an Verunreinigungen oder Defekten verloren gegangen. Etwa in diesem Zeitraum begannen zwei junge Ingenieure, Charles K. Kao und George Hockham, bei den Standard Telecommunications Laboratories in England sich mit diesem Problem zu beschäftigen. 1966 haben die beiden vorhergesagt, dass man Glasfasern herstellen können sollte, die bei einer Länge von 500 m etwa 10% Verlust aufweisen. Später hat sich gezeigt, dass dieser Wert eher konservativ berechnet war, denn heute verliert eine Glaserfaser 10% des Lichtes nach etwa 50 km. Für seinen steten Einsatz, die Glasfaser zu dem zu machen, was sie heute für unsere informationshungrige Welt bedeutet, wurde Charles K. Kao dieses Jahr mit dem Nobelpreis für Physik geehrt.

Heute hat die Glasfaser weit mehr Bedeutung, als ein blosses Transportgefäss für gewaltige Datenmengen zu sein. So werden immer mehr Laser in speziell dotierten Glasfasern realisiert, die Glasfaser ist aus der minimal in- vasiven medizinischen Diagnostik und Therapie nicht mehr wegzudenken, und Mitte der 90er Jahre wurde erstmal die sogenannte "Photonische Kristallfaser" demonstriert. Letztere geht zurück auf einen Vorschlag von Yablonovitch, der die Existenz einer photonischen Bandlücke in sogenannten "Photonischen Kristallen" vorhersagte. Besitzt ein dielektrisches Medium räumlich periodische Variationen in der dielektrischen Funktion und sind diese auf der Längenskala der Lichtwellenlänge, dann kann es zu sogenannten photonischen Bandlücken kommen. Stört man nun die Periodizität durch einen Defekt, so kann man in diesem Licht lokalisieren. Die Photonische Glasfaser kann man sich als unendlich langen, zwei-dimensionalen Photonischen Kristall vorstellen und das Licht wird in einem zentralen Defekt geführt, vorausgesetzt die Frequenz liegt innerhalb der Bandlücke. ”Photonic Crystal Fibers” (PCF) sind heute aus der Optik nicht mehr wegzudenken. Man kann ”Single-mode” Fasern mit vergleichsweise riesigem Kerndurchmesser herstellen, oder Fasern, in denen das Licht quasi zusammengepresst wird, um damit nichtlineare Effekte zu forcieren und zum Beispiel Kontinua über mehr als eine Oktave zu generieren, oder Fasern, deren Kern sogar aus Luft besteht, sogenannte ”Hollow Core” Fasern. Kurz, die Flexibilität, Lichtleiter für unterschiedlichste Anforderungen nach Mass zu fertigen, ist sprunghaft gestiegen. Vor allem die ”Hollow Core” Faser zeigt faszinierende Eigenschaften und ist extrem vielseitig einsetzbar, weil sich der hohle Kern mit Gasen et cetera füllen lässt.

In der Schweiz hat das Institut für Angewandte Physik der Universität Bern eine lange Tradition auf den Gebieten Glasfaser und Glasfaserlaser. Zur Zeit beschäftigen wir uns im Wesentlichen mit dem Design spezieller Fasern für Faserlaser-Anwendungen, fasergestützten Breitbandlichtquellen oder der Realisierung Faserlaser gestützter Wellenlängennormale.

 

[Veröffentlicht: November 2009]