Mehr Ingenieure und Naturwissenschaftler gesucht

Rolf Hügli, Geschäftsführer SATW

 

Allen konjunkturellen Turbulenzen zum Trotz bleiben naturwissenschaftlich / technische Talente immer noch gesucht. Die meisten Experten gehen sogar davon aus, dass auf Jahre hinaus die Nachfrage der Industrie nach hochqualifizierten naturwissenschaftlich/technischen Mitarbeitenden den einheimischen Nachschub übersteigen wird.

Diese Situation ist bekannt und in den Medien in den letzten Jahren ausgiebig thematisiert worden. Politische Kampagnen wie die MINT Initiative von Frau Bundesrätin Leuthard sind lanciert worden und viele Organisationen leisten mittlerweile ihren spezifischen Beitrag zur Entschärfung der Situation. Wie positioniert sich die SATW in diesem Umfeld?

Die SATW ist keine Branchenorganisation und somit nicht auf die Rekrutierung junger Ingenieure fokussiert. Sie betrachtet es dagegen als Teil ihrer Mission, das Interesse und das Verständnis für die Technik generell zu fördern. Natürlich steht dabei besonders die junge Generation im Mittelpunkt.

Darüber hinaus nimmt die SATW auch ihre Verantwortung als Dachorganisation verschiedener Ingenieurorganisationen wahr. Viele Mitgliedsgesellschaften haben wertvolle Aktionen im Nachwuchsbereich gestartet, die aber kaum aufeinander abgestimmt sind. Die SATW hat die Initiative ergriffen, um bei der Koordination der Kräfte mitzuhelfen.

Schliesslich trägt die SATW durch aktive Mitarbeit bei Natech Education dazu bei, die Lehrerfortbildung im Bereich Technik anzustossen und die politischen Kräfte für Gestaltung neuer Lehrpläne mit mehr Raum für Technik zu mobilisieren.

Das Spektrum der Aktivitäten der SATW ist also enorm breit. Im Folgenden werden die wichtigsten etwas näher vorgestellt werden.

a) Nachwuchsworkshop - Koordination
Vor drei Jahren rief die SATW zum ersten Mal alle ihr bekannten Akteure im Nachwuchsbereich zusammen. Ziel war es, gemeinsam eine „Landkarte der Aktivitäten“ der Schweiz zu erstellen. Ausserdem diskutierte die Runde Möglichkeiten der Zusammenarbeit und Verbesserungen bei einzelnen Massnahmen. Auf Wunsch der Teilnehmer wurden diese Workshops danach jedes Jahr wiederholt. Die Rückmeldungen zeigen, dass das Engagement der SATW als zentrale Koordinatorin geschätzt wird.
Als direktes Ergebnis dieser Workshops sind mehrere Projekte entstanden. Zwei davon, die „ MINT Agenda Schweiz“ und das „Nachwuchsbarometer“ sind jetzt reif für die Umsetzung.

b) MINT Agenda Schweiz
Das Projekt „MINT Agenda Schweiz“ hat zum Ziel, Lehrpersonen auf allen Schulstufen zu helfen, pädagogisch wertvolle Inhalte aus der Schweiz im MINT Bereich auf einfache Weise zu finden. Auf einer Online-Plattform mit umfassender Suchfunktionalität sollen Angebote wie Unterrichtsmaterialien, Experimentierkästen, Labor-Tage, Schulbesuche, etc. zugänglich gemacht werden. Nebst einer erhöhten Sichtbarkeit der Angebote soll die Plattform auch die Akteure vernetzen helfen und insgesamt zur Qualitätsverbesserung der Angebote beitragen.
Dieses Angebot soll ab Frühjahr 2011 auf dem educa Server installiert werden und die heutige Site „educatech“ ersetzen. Das Projektteam ist breit aufgestellt. So sind neben der SATW, unter anderen auch IngCH, Swissmem, die SCNAT sowie der SNF vertreten. Die Arbeit wird zusätzlich von einem Kreis von Experten aus pädagogischen und universitären Hochschulen begleitet. Das Projekt wird auch von der Dachorganisation der Schweizer Lehrer (LCH) ideell unterstützt.

c) MINT Nachwuchsbarometer
Die SATW pflegt im Bereich der Nachwuchsförderung einen engen Austausch mit Partnerakademien im Ausland. Im Rahmen des Konsortiums der Europäischen Technikakademien (EuroCASE) ist die SATW Mitglied einer Arbeitsgruppe zu diesem Thema. Acatech, die Deutschen Akademie der Technikwissenschaften, hat die SATW angefragt, bei einer Wiederholung der äusserst aufschlussreichen Studie "Nachwuchsbarometer Technikwissenschaften" mitzuarbeiten.
Bei der Erstauflage dieser Studie wurden Schüler und Schülerinnen sowie Ingenieure und Ingenieurinnen befragt, um das Image von technischen und naturwissenschaftlichen Berufen und die Gründe für ihre Wahl oder auch ihren Ausstieg aus dem Beruf zu ermitteln. Die Studie untersuchte individuelle und gesellschaftliche Ursachen des Nachwuchsmangels in den Technik- und Naturwissenschaften. Daraus wurden Empfehlungen für gezielte Maßnahmen abgeleitet, die zu einer nachhaltigen Steigerung und Attraktivität der Berufe beitragen sollen.
Nebst der Tatsache, dass ähnlich fundierte Erkenntnisse zu Motivation und Verständnis für den MINT-Bereich für die Schweiz fehlen, bietet eine Parallelstudie die Chance, das eigene Land im Spiegelbild eines anderen Landes zu sehen, was einzigartige Erkenntnisse zulässt.

d) NFP MINT
In einem grösseren, nationalen Rahmen arbeitet seit diesem Jahr eine Arbeitsgruppe unter dem Patronat der SATW daran, ein Nationales Forschungsprogramm (NFP) zum Thema Bildung und Nachwuchsförderung im MINT-Bereich aufzugleisen. Ein erstes Arbeitspapier, an welchem auch namhafte Vertreter von pädagogischen und universitären Hochschulen mitgearbeitet haben, soll demnächst einem geplanten Workshop breit diskutiert werden (auch eine Vertretung des BBT soll eingeladen werden). Alle bisher angefragten Vertreter der einschlägigen Organisationen begrüssen und unterstützen ausdrücklich und tatkräftig diese Initiative, an welcher auch die SCNAT beteiligt ist.

e) Jugendkommunikation
Nebst dieser Projektarbeit versucht die SATW die junge Generation auf der Sekundarstufe 2 auch direkt anzusprechen. Sie tut dies sehr erfolgreich mit Veranstaltungen wie den TecDays oder Sportech sowie mit der Jugendzeitschrift Technoscope und Beiträgen auf der Online Plattform Simply Science.
Insbesondere die TecDays haben sich als eigentlichen Renner erwiesen. Die Nachfrage übersteigt mittlerweile die Leistungsfähigkeit der SATW. Als Erweiterung wurde kürzlich auch eine TecNight lanciert, welche sich an ein breiteres Publikum richtet. An dieser Stelle sei auch allen Mitgliedern der SPG gedankt, die sich immer wieder als Referenten zur Verfügung stellen.

Die Motivation junger Menschen für technische und naturwissenschaftliche Berufe ist zweifellos wichtig. Alle diese Aktivitäten sind aber leider nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Um eine „messbare Wirkung“ zu erzielen, wäre eine regelmässige, flächendeckende Bearbeitung der Schweiz nötig. Dafür fehlen bei allen Akteuren klar die Mittel.
Längerfristig besteht allenfalls eine gewisse Hoffnung, dass im Zuge neuer Lehrpläne den naturwissenschaftlichen Fächern und der Technik wieder mehr Raum zugestanden werden. Für eine nachhaltige Verbesserung der Situation genügt aber die Motivationsarbeit alleine nicht. Auch die Arbeitgeber sind gefordert, attraktive Arbeitsbedingungen für den Berufsstand zu schaffen und das Image des technischen Personals behutsam zu pflegen.

 

[Veröffentlicht: Februar 2011]